Am 25. Mai 1963 wird die PTA Biel gegründet, von elf Pfadis und zwölf Leiterinnen und Leitern.
Die PTA («Pfadi Trotz Allem») Biel entstand 1963, in einer Zeit, als Menschen mit Behinderungen in der Regel noch ein Leben am Rand der Gesellschaft führen mussten.
Die PTA Biel war die erste Pfadigruppe für Menschen mit Behinderungen in Biel und dem Seeland und organisierte mit viel Elan und Pioniergeist Zeltlager und andere Abenteuer in der Natur. 1977 ging daraus die Stiftung PTA Biel hervor, die sich das Ziel setzte, ein Angebot für betreutes Wohnen für die Pfadis der PTA einzurichten. Mit der Einweihung eines Wohnheims in Biel wurde dies 1983 verwirklicht. Das Wohnheim stand auch Menschen ohne Bezug zur Pfadi offen. Zehn Jahre später folgte der Umzug nach La Neuveville. Heute bietet das PTA-Wohnheim 46 erwachsenen Menschen mit Behinderungen einen Lebensort, der Wohnen, Arbeit und Freizeit vereint.
Das PTA-Wohnheim ist unter anderem für sein vielseitiges erlebnispädagogisches Angebot bekannt. Die 46 Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen leben in sieben Wohngruppen, die geschlechtlich, nach Unterstützungsbedarf und Alter gemischt sind. Sie gehen in sechs verschiedenen Ateliers einer ihren Interessen und Fähigkeiten entsprechenden und sinnstiftenden Arbeit nach. Die gut 90 Mitarbeitenden gewährleisten die Betreuung rund um die Uhr, während 365 Tagen im Jahr. Mit dem nötigen Mut zur Improvisation geht das PTA-Wohnheim stets auch neue Wege und lebt Andersartigkeit selbstbewusst vor. Die Pfadi ist immer noch Teil der DNA: Spiel, Spass und Entdeckungsreisen haben eine grosse Bedeutung im Wohnheim der PTA Biel.
Das Wohnheim der PTA Biel befindet sich in La Neuveville, in Gehdistanz zum Bielersee und zur mittelalterlichen Altstadt. Für das «PTA-Village» bietet das Städtchen den idealen Standort: In La Neuveville trifft die Hügelkette des Jura auf das Drei-Seen-Land, hier begegnen sich die französischsprachige und die deutschsprachige Schweiz und dank seiner Nähe zu den urbanen Zentren in Biel und Neuchâtel kommen in La Neuveville auch Stadt und Land zusammen.
Das PTA-Wohnheim in La Neuveville zeugt davon, wie über die Jahre hinweg angepackt, improvisiert und verbessert wurde. Normen und Technologie im Bereich der Betreuung und des Wohnens haben sich jedoch weiterentwickelt. Der Alltag von Menschen mit Behinderungen hat sich verändert. Hier hinkt das Wohnheim dem Fortschritt hinterher.
Im nur zum Teil unterkellerten Jurahaus sind Putzmateriallager, Waschküche,
Garderobe in nur einem Raum untergebracht. Bewohnerinnen und Bewohner hier an den entsprechenden Tätigkeiten teilhaben zu lassen, ist platztechnisch kaum möglich.
Die Wohnräume der Bewohnerinnen und Bewohner sind zum Teil klein und verwinkelt. Darin hat es kaum Platz zum Ausüben von Hobbies, was die Privatsphäre und die Lebensqualität stark einschränkt.
Die Platzverhältnisse sind nicht auf Grösse und Bewegungsradien moderner Rollstühle und Hilfsmittel ausgelegt. Dies erschwert Bewohnerinnen und Bewohnern eine angenehme und gute Körperpflege.
Das Treppenhaus führt direkt durch die Wohngruppen. Zudem müssen Treppen mit improvisierten Absperrungen gesichert werden. Dies geht auf Kosten der Barrierefreiheit.
Der «grosse Saal» wird für Essen, Sitzungen, Versammlungen, Freizeit, oder auch Discos genutzt, wird jedoch keiner dieser Funktionen gerecht. Ein Abstell- und Lagerraum für Mobiliar ist nicht vorhanden.
Technische Anlagen, wie hier die Heizung, sind in die Jahre gekommen. Die Folge sind regelmässige Störungen, ineffiziente Wartung und hoher Energieverbrauch.
Die Hauptstrasse Biel-Neuenburg trennt die beiden Wohnhäuser voneinander. Neben riesigen Gefahren, die das tägliche mehrmalige Überqueren der dichtbefahrenen Strasse mit sich bringt, verliert die Institution auch räumlich an Einheit und Identität.
Egal ob mit oder ohne Behinderungen, wir sind alle anders, und das ist gut so. In der Pfadiabteilung und im PTA-Wohnheim wird Andersartigkeit bewusst gelebt. Hier darf jeder Mensch so sein, wie er ist. Menschen mit Behinderungen werden dazu ermutigt, eine möglichst selbstbestimmte und gleichberechtigte Rolle in der Gemeinschaft einzunehmen.
Vielfalt ist Normalität. Und Vielfalt bietet die Chance, voneinander zu lernen, Neues zu entdecken. Diesen Ansatz trägt die Stiftung PTA Biel bewusst nach aussen. Wie es darum geht, Menschen mit Behinderungen zu ermutigen, Teil der Gesellschaft zu sein, will die PTA Biel die Gesellschaft auch selbst zu mehr Offenheit anregen. Der Austausch von Menschen mit und ohne Behinderungen wird deshalb im PTA-Wohnheim bewusst gefördert. Man geht direkt auf andere Menschen zu und lädt sie ein, gemeinsam das Leben im Wohnheim zu gestalten. Jeder so, wie er kann und will.
Diese Haltung umschreibt den Begriff der Inklusion recht gut. Inklusion ist wichtig und sie ist zeitgemäss. Denn Menschen mit Behinderungen haben ein Recht darauf, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Das wird auch von der UNO in der Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) bekräftigt. Dieses von der Schweiz vor rund zehn Jahren ratifizierte Übereinkommen fordert Inklusion explizit ein. Im PTA-Wohnheim wird Inklusion bereits heute bewusst gelebt. Das soll in Zukunft im «PTA-Village» noch besser möglich sein. Die PTA Biel geht konsequent jenen Weg weiter, den «Spatz» und seine visionären Pfadis vor rund 60 Jahren einschlugen.
Als soziales Wesen braucht der Mensch den Austausch mit anderen. In jeder Begegnung steckt das Potenzial, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Je vielfältiger diese Interaktionen, desto grösser das Entwicklungspotenzial. Genau hier setzt die wertvolle Arbeit der PTA Biel an.
Direktor der BFF Kompetenz Bildung Bern, des führenden Bildungszentrums im Bereich Betreuung im Kanton Bern